Seid Ihr verzweifelte, erschöpfte oder interessierte Eltern um das Homeschooling besser zu gestalten? Dann möchte ich hier mit Euch Erfahrungen, Tipps und Möglichkeiten zur Motivation teilen!
Kurzes Vorwort
Ich bin auch nur ein Papa, voll berufstätig und versuche den Arbeitsalltag im Homeoffice mit meinem Drittklässler zu bewältigen. Das hat zu Beginn überhaupt nicht funktioniert! Glücklicherweise habe ich ein Coaching erhalten, was genau auf diese Situation abgestimmt ist. Vielen Dank an dieser Stelle an full.stop consulting. Dort wurden mir verschiedene Hebel und Sichtweisen dargestellt. Und, auch wenn nicht alles funktioniert, es gibt Fortschritte. Diese Erfahrungen möchte ich mit Euch teilen und nehme gerne auch Eure Erfahrungen in den Kommentaren auf…
Was geht in den Kindern vor?
Diese Frage stellen wir uns alle sicher, aber einige essentielle Themen liegen in der Homeschooling Zeit wohl auf der Hand:
- Dein Kind kommt nicht mehr unter andere Kinder oder andere Orte. Es verbringt fast 24h zu Hause oder unter elterliche Obhut. Ganz böse gesagt: sozial hat es nur noch Eltern, ggf. Geschwister und wir sind sicher nicht die besten Spielpartner für alles…
- Dein Kind soll Schule haben an einem Ort, der bislang immer das zu Hause war. Ein Ort der Sicherheit, denn die Eltern werden ein Kind auch beim größten Ärger wohl immer weiter lieb haben. Außerdem ist es der Job unserer Kinder unsere Nerven zu strapazieren, Grenzen wollen getestet werden. Als Lehrer sind wird also denkbar ungeeignet!
- Du bist auf einmal nicht nur Mama oder Papa, Dein Kind muss Dich als Lehrer sehen, eine komplett neue Rolle. Zudem sieht Dich Dein Kind Dich eh permanent und nun in verschiedenen Rollen. Das bringt Unsicherheiten mit sich. Und mal ehrlich, kannst Du einen nicht so gelungenen Schultag ablegen, wenn Du den Nachmittag mit dem Kind verbringst? Mir fällt es schwer…
- Deinem Kind fehlen Aufgaben! Ja, Hausaufgaben haben die genug, aber wo gehört es hin? Welche Aufgabe erfüllt es in der Familie? Welche Ziele hat das Kind am Tag außer Hausaufgaben? Für Kinder baut sich hier Druck auf. In einer Drucksituation kann man kaum noch Rationalität erwarten…
- Es fehlt Spannung! Jedes mal wird diesem ungeschulten Elternpersonal (wir sind einfach keine Lehrer) ein Haufen Blätter zugesandt und da geht der Spaß los… Wer macht sich denn die Mühe und baut Spannung für die Aufgabe auf? Mir fallen da kaum Sachen ein, aber eine Aufgabe wird deutlich attraktiver, wenn ein „spannendes“ Ziel erreicht wird (Beispiel: Irrgarten).
- Bewegung, Bewegung und nochmals Bewegung! Das braucht jeder Mensch und ich kann mich nicht freisprechen, dass ein gewisser Schweinehund mich an der Couch nach getaner Arbeit fesselt. Wie sieht es bei den Kids aus, wollen die permanent raus und was unternehmen?
- Wisst Ihr noch wie es war als Kind auf Weihnachten zu warten? Die Zeit vergeht vom Kind wahrgenommen wesentlich langsamer (hier ein toller Artikel). Dann hat es noch Langeweile, die Unzufriedenheit steigt! Unsere Kinder müssen ganz schön viel Frust und Langeweile aushalten!
Kinder trifft die Situation, auch wenn sie es nicht zeigen
Das trifft jetzt sicher nicht alles Deine Situation, aber Kinder denken halt noch nicht so rational wie wir. Können die Kinder denn ihre Gefühle rational transportieren? Und mal ehrlich, der Lockdown trifft uns Eltern doch auch, wie soll sowas dann ein Kind weg stecken?
Was geht denn in uns Eltern vor?
viele Eltern sind traurig
Ich habe ein paar Gespräche mit anderen Eltern geführt. Meist sagt man vorne rum, dass es schon funktioniert, aber beim Austausch merkt man dann doch schnell, dass die Grenzen der Eltern oft überschritten sind. Weinende, schreiende oder wütende Eltern wollen wir sicher alle nicht sein. Ich hatte ein Gespräch mit einer Freundin die mir sagte „mein Kind macht mich zu einer Mutter die ich nie sein wollte“. Hier war es sogar noch ein Kindergartenkind, aber die haben ja auch Probleme.
Ich glaube, dass es kaum Eltern gibt, die den perfekten Weg haben. Um Dir jetzt schon eine Illusion zu nehmen, bei mir läuft es nicht perfekt, aber besser dank ein paar kleiner unscheinbarer Kniffe…
Homeschooling Tipps
Kinder brauchen Struktur
Ich bin nicht gerade strukturiert und muss mich hier täglich selber zusammenreißen, aber die Struktur hilft unfassbar gut!
- Das einfachste Punkt fängt mit regelmäßigen Aufsteh- und Frühstückzeiten an. Bei uns war hier auch der Wurm drin und wir haben die Regel aufgestellt, dass es eine fest Uhrzeit gibt, wann aufgestanden wird. Das ist bei der Schule nicht anders. Die Kinder sollen sich auch anziehen, in der Schule sitzen sie ja auch nicht im Schlafanzug!
- Wir haben fest Schulzeiten eingeführt mit Pausen. Das ist sicher auch wieder individuell zu handhaben, aber es hilft. Verstärkt wird das ganze durch einen Schulgong, dazu komme ich noch im weiteren Verlauf.
- Visualisiere den Tagesablauf für Dein Kind, z.B. wie einen Stundenplan. Da muss kein Fach drauf stehen, aber z.B. 9 – 9:30 Uhr Schule 9:30 – 10:00 Uhr Pause usw.
- Schaffe machbare Ziele und fange klein an (wenn es aktuell gar nicht läuft halt erstmal nur mit 5 Minuten). Ich selber hatte die Herangehensweise, dass mein Sohn den Haufen Aufgaben vor sich hat und möglichst das schaffen soll, was machbar ist. Aus Sicht des Kindes sind das einfach nur viele Aufgaben, es erkennt kein Ziel und ist überfordert. Pack den Haufen zur Seite und bespreche mit Deinem Kind das Tagesziel. „In der erste Schulstunde bearbeitest Du die Aufgaben 3., 4. und 6 von diesem Matheblatt. Wenn die Aufgabe erledigt ist, darfst Du ein Video von Checker Tobi sehen…“ Wenn das gut klappt, dann kann man individuell steigern. Belohnungen sollten auch nicht zu groß sein, man muss sich ja steigern können. Bezieht auch die Tagesform etwas mit ein, manchmal will es einfach nicht so… Erfüllte Ziele verdienen ein Lob, wenn es klappt. Aber nicht nur das Kind hat ein Lob verdient, auch Du!
Struktur ist ein Fundament im Homeschooling
Schulatmosphäre schaffen
ein aufgeräumter Tisch mit dem nötigsten
- Dein Kind geht normal in die Schule, also hat es einen anderen Ort mit anderen Regeln als zu Hause. Dazu kommen noch Lehrer, die sicherlich mit einer anderen Aufmerksamkeit und anderem Respekt begegnet werden. Wir Eltern können uns nicht verwandeln, aber vielleicht habt Ihr die Möglichkeit einen festen Arbeitsplatz zu schaffen, wo es ähnliche Regeln gibt wie in der Schule. Kein Spielzeug in der Nähe, aufgeräumter Tisch, ggf. ein Whiteboard, wo die Aufgaben für das Tagesziel oder die Wochenaufgaben angehängt sind. Solche Regeln habe ich mit meinem Sohn vereinbart und sogar aufgeschrieben. Er kann selber nachlesen, was er mit entschieden hat. Es dauert etwas bis sich das einspielt, nicht aufgeben!
- Das Highlight in meinem Coaching war der Schulgong. Diese Zeiten schaffen mit die meiste Schulatmosphäre. Das Kind springt auf, juhu Pause! Und wenn der Gong hier geht, muss ich selber schmunzeln 😉 Am einfachsten geht das mit einem Wecker mit passendem Ton. Idealerweise habt Ihre eine Amazon Alexa, dann könnt Ihr das automatisieren… Hier könnt Ihr ein Video auf Youtube dazu ansehen, wie es eingerichtet wird: https://youtu.be/-ONoBAwnTZ0
- Baut Sport und Bewegung mit ein. In der Schule gibt es das auch, also ein oder zwei mal die Woche Bewegung mit rein nehmen. Vielleicht ein einfacher Spaziergang und die Natur in der Mittagspause mit dem Kind genießen, wenn denn möglich! Etwas anderes sehen macht auch mal den Kopf frei, nicht nur beim Kind…
Alternativ hat Alba Berlin eine Sportreihe für verschiedene Altersklassen, vom Kleinkind bis hin zur Oberstufe. Schaut einfach mal rein und probiert es aus.
Verständnis und Motivation
- Vielleicht hast Du die Punkte noch im Kopf, wie sich das Kind fühlt… Zeig Verständnis, frag einfach mal wie Dein Kind sich fühlt. Vielleicht braucht Dein Kind einfach eine Umarmung oder flucht eine Runde über Corona. Geht es Deinem Kind schlecht, dann ist es nicht schlimm zu sagen, dass man es sieht. Nimm Dein Kind bewusst wahr und zeig ihm das.
- Versucht positiv zu motivieren. Ich glaube an Dich, Du wirst das schaffen usw. Dagegen sind Aussagen wie „bist Du so dumm?“ eher bremsend und für das Kind gemein. Nach einer Aufgabe die geschafft wurde, auch wenn nicht alles richtig ist, einfach mal loben. Denkt noch mal dran, er hat sonst keinen die meiste Zeit am Tag. Deinem Kind fehlen natürliche Glücksgefühle.
- Motiviere mit positiver Formulierung… Beispiel negativ: „…wenn das nicht klappt, dann gibt es heute keinen Fernseher…“ Positiv formuliert: „…erledige die Aufgabe wie wir es besprochen haben, dann darfst Du später Fernsehen…“. Das ist dann auch zeitgleich Ziel, worauf das Kind hin arbeiten kann.
- Baut auch neben der Schule Aufgaben in den Tag ein. Vielleicht die Spülmaschine ausräumen, Müll weg bringen usw. Das muss nicht viel sein, aber das Kind wird dann einfach gebraucht und hat seinen Platz in der Familie.
- Macht was besonderes, was Ihr sonst nicht machen würdet. Zum Beispiel einen Spieletag, wenn Ihr sowas nicht schon habt. Im Internet gibt es Mitmachaktionen, diese hier ist leider abgelaufen, aber als Beispiel was ich mit meinen Jungs gemacht habe.
Tipps für die Eltern
- Du bist nicht alleine, andere Eltern plagen ähnliche, ggf. sogar mehr Sorgen. Zweifel nicht an Dir und Deinem Kind, mach das Beste draus!
- Versuch Dir eine Auszeit zu nehmen und weg von Medien und Co. Vielleicht einen Spaziergang. Ist alles leicht gesagt, aber das bringt neue Energie.
- Falls Du Hausaufgaben abfotografieren sollst, empfehle ich die App OfficeLens. Damit kannst Du Dokumente sozusagen einscannen, schnell zurecht schneiden und auch als PDF speichern. Es ist vieles mehr möglich, eine geniale App!
- Im Google Playstore: Office Lens
- Apple Appstore: Office Lens
Erfolg fühlt sich gut an
Ein paar weitere Anregungen…
Gerade in der Coronazeit dürfen Kinder mal schneller Medien nutzen, Freunde treffen geht ja auch nicht. Außerdem haben wir zu viel um die Ohren: Haushalt, Arbeit, Einkaufen… irgendwas bleibt auf der Strecke. Schnell den Fernseher oder Handy an und man hat Ruhe. Hat jeder von uns schon mal erlebt, oder? Das darf nur kein Normalzustand werden… Werden bei uns vermehrt Medien konsumiert, sinken Konzentration und Streitlaune steigen. Da ist jedes Kind anders… Aber was machen Medien generell mit den Kindern? Hier ein paar Links und ein aktuelles Video mit Checker Tobi:
- Mediengefahren: https://www.kindergesundheit-info.de/themen/medien/mediennutzung/medien-gefahren/
- Social Media wirkt teilweise wie Kokain: https://www.fritzundfraenzi.ch/medien/medienerziehung/social-media-macht-so-suchtig-wie-kokain?page=all